Morgen am 22. Mai finden die Stichwahlen – Van der Bellen gegen Hofer - statt. Wir haben drei Romnja zur Wahl befragt.
Jasmina Pavlovic, Obfrau Verein "Vida Pavlovic“
Pavlovic wählt Van der Bellen. Sie möchte ein friedliches und sicheres Österreich. „Das Wahlrecht und die sich daraus ergebende Konsequenz, wer das Land (mit-)regiert, können dazu einen sehr wertvollen Beitrag leisten. Ich denke, falls Hofer gewinnt, wird es schlechter für uns werden. In seinen Hasstiraden und seinen Hetzreden macht er immer Stimmung gegen MigrantiInnen. Dass wir die österreichische StaatsbürgerInnenschaft haben, scheint ihm egal zu sein, denn für ihn und seine Partei, die FPÖ, sind wir eh alle AusländerInnen".
Pavlovic ist eher pessimistisch eigestellt und glaubt an einen Hofer-Wahlerfolg. „Weil er auch Menschen mit Migrationshintergrund viel verspricht und von ihnen deshalb tatsächlich gewählt wird. Allerdings werden alle Frauen, auch die österreichischen StaatsbürgerInnen, sicher schlecht behandelt werden, die werden das schon merken, wenn er gewinnt“, so die Obfrau. Für das Vereinswesen und notwendige Roma-Vereine würde das, laut Pavlovic, ebenfalls alles andere als positive Auswirkungen haben. Sie glaubt sogar, dass einige Vereine in naher oder ferner Zukunft schließen müssten.
Jasar
... wird ebenfalls Van der Bellen wählen und, im Gegensatz zu Pavlovic, ist sie optimistisch, da sie an einen VDB-Wahlsieg glaubt. „Denn für ihn spielen Ethnien, sexuelle Orientierung, Nationalitäten und Religionen keine Rolle“. Sie ist der Ansicht, dass sich Hofer in manchen Angelegenheiten auf die richtigen Themen (Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit) fokussiert, allerdings: „kann man sich auf ihn nie verlassen, weil er gegen AusländerInnen ist. Wie er immer wieder in den Diskussionen betont hat, haben für ihn nur ÖsterreicherInnen mit Staatsbürgerschaft Priorität. Für Roma wird es nicht leicht sein, die können nichts Positives von Hofer erwarten“.
Deshalb, so glaubt sie, werden viele Romnja/Roma am Sonntag Van der Bellen wählen. Sie weiß aber auch, dass viele junge den Hofer wählen werden, da er geschickt agiert und es bei Manchen gut ankommt, wenn Ressentiments gegen andere Bevölkerungsgruppen geschürt werden. Ein kleiner Beweis, dass der Rassismus auch bei oftmals diskriminierten Volksgruppen auf breite Resonanz stößt.
Simonida Selimovic, Schauspielerin
Selimovic hat als nichtösterreichische Staatsbürgerin kein Wahlrecht, aber trotzdem eine Meinung – denn nicht wählen zu dürfen, sollte nie ein Grund sein, keine politische Meinung zu haben.
Sie würde, dürfe sie, ebenfalls Van der Bellen wählen, weil er für eine offene und menschenfreundliche Gesellschaft steht und nicht so absolut unvertretbare Positionen wie Hofer vertritt. Sie sieht Schwierigkeiten auf uns zukommen, wenn Hofer gewinnt: „Das Problem ist, dass die Politik von oben Menschen sehr stark beeinflusst. Hetzte wird unter den BürgerInnen verbreitet, dadurch kommt es zu Unruhen, Diskriminierungen und Überreaktionen in den öffentlichen Verkehrsmittel gegenüber AusländerInnen, BettlerInnen und religiösen Minderheiten. Das ist sehr stark zu spüren. Politik kann verbinden, aber auch spalten und das ist etwas, was die FPÖ und Hofer, der eigentlich überparteilich sein müsste, macht. Diskriminierungserfahrungen macht man auch in Ämtern, in der Legislative und im Rechtsstaat, der, meiner Meinung nach, mittlerweile sehr blau ist. Als nichtösterreichische StaasbürgerIn sind bürokratische Erledigungen seit drei Jahren, vor allem seit dem Wahlkampf, schwieriger zu bewältigen“, weiß sie.
Wenn Wahlen sind, kommen in Österreich sehr viele Menschen zu Wort und bereichern unsere Alltag mit gelungenen oder weniger geglückten Meldungen. Was aber auffällt: Wahlberechtigte äußern sich kaum. Sie werde auch nicht gefragt: „Ja, wir werden mundtot gemacht! Einerseits denkt man sich: ‚Was bewirkt eine Stimme?‘ Aber genau diese kann wichtig sein, weil es die Selbstbestimmung impliziert“. Manche Wiener Romnja, so Selimovic, scheinen aber ihr Privileg wählen zu dürfen, nicht wirklich als das anzusehen. „Das politische Bewusstsein ist in den letzten Jahren gestiegen. Viele Menschen wissen, dass Selbstbestimmung und Wahlen für die Weiterentwicklung des politischen Systems von Wichtigkeit sind. Aber es gibt auch Romnja, die aufgrund von in der Vergangenheit zurückliegender Diskriminierung, Bedrohung und Ausbeutung des Staates mehr oder weniger paralysiert sind und von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch machen“. Zur Prognose am Sonntag meint Simonida folgendes: „Ich glaube, es wir ein Kopf an Kopf Rennen, aber ich bin positiv gestimmt, dass Van der Bellen gewinnen wird“
Wir als Verein Vivaro rufen dazu auf Morgen zur Wahl zu gehen und für das Miteinander und sachliche Lösungen zu stimmen – anstatt uns durch Hetze und Neid auseinandertreiben zu lassen.